Schwarze Menschen in den Medien

Schwarze Menschen in den Medien

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Von: Noah Sow

Wie stellen die Medien Schwarze denn falsch dar?

Abgesehen von überwiegend einseitiger Besetzung Schwarzer in Filmen und Fernsehserien als Dealer, Diener oder lustige Dummköpfe ohne Persönlichkeit (sicher gibt es auch hier vereinzelt Ausnamen, leider sind es aber tatsächlich noch genau das: Ausnahmen) haben wir Deutschen ein Problem mit viel getarnterem Rassismus in vordergründig “neutraler” Berichterstattung. In Nachrichten und Zeitungsartikeln passieren aus Desinteresse und Tradition regelmäßig dieselben “versteckten Rassismen”.

Statt einfach zu schreiben “der 26 jährige Mechaniker” heißt es oft “der 26jährige Deutsch-Äthiopier, der eine Werkstatt hat” oder “der Farbige, der 26 Jahre alt ist und…”. Dass Menschen in erster Linie auf ihr „ethnisches Aussehen“ reduziert werden (und erst dann in einzelnen Fällen auch noch “jemand”/eine Person sind), ist rassistisch. Auch, dass dazugesagt werden muss, dass die Person von der weißen Norm abweicht. Bei weißen Menschen wird an selber Stelle grundsätzlich auf Rassifizierungen verzichtet. Diese unterschiedliche Behandlung kommt uns nur deswegen nicht auf Anhieb bescheuert vor, weil wir es nicht anders gewohnt sind. Man stelle sich dagegen aber mal vor, ein Zeitungsartikel lautete “eine Rothaarige kam gestern bei einem Autounfall ums Leben. Sie war 33 Jahre alt und…” Alle würden sich fragen, wer die Frau ist, ob man nichts über sie weiß, und warum um Himmels Willen bei einem so tragischen Fall die Haarfarbe eine Rolle spielen soll.

Da wir Homo Sapiens uns ja inzwischen einig sind, dass alle Menschen gleiche Rechte haben, möchten wir anregen, dass (wie es im übrigen auch den deutschen Presserichtlinien entspricht) in Berichterstattung alle Menschen auch gleich häufig “ethnisch zugeordnet” werden. Nötig ist dies sowieso nur, wenn es zum Verständnis der Geschichte unbedingt notwendig ist, und nur sehr selten ist das der Fall. Häufig wird bei allen Personen der Beruf erwähnt, nur die Schwarze Person ist und bleibt “ethnisch” markiert: “der Schwarze” sowie ohne wirkliche Attribute. Diese Art der “Berichterstattung” trägt leider massgeblich zur Aufrechterhaltung kolonialer Deutungs- und Benennungspraxen bei. Als Resultat glauben zahlreiche Weisse tatsächlich, dass sie ein Recht dazu hätten, im täglichen Leben Schwarze Personen und PoC willkürlich darauf hin abzufragen, weswegen sie Schwarz und gleichzeitig hier seien.

Zu erwähnen, dass jemand Schwarz ist (was überflüssigerweise sogar dann oft geschieht wenn es sowieso allen bekannt ist, beispielsweise bei Barack Obama oder sogar noch als Textzeile unter Fotos), ist meistens eher eine faule Methode, zu kaschieren, dass man nichts über die Person recherchiert hat, nichts recherchieren möchte, eine „ethnische“ Schublade als ausreichende Informationsvermittlung betrachtet – und daher ein Zeichen von unseriösem Journalismus.

Dass dieses Verhalten Gewohnheit ist, macht es weder logisch noch diskriminierungsfrei. Es wird aus Gründen der Traditionspflege (und Überlegenheitsgefühls) aber häufig energisch verteidigt. Man müsse “diese Leute doch irgendwie beschreiben”. Nun, wir schlagen vor, sie als Leute zu beschreiben. Wie alle anderen auch. Dass es ohne nichtssagende Unpersonen-Ausdrücke in Berichterstattung nicht ginge, ist eine Ausrede: Die so pauschale Bezeichnungsmöglichkeit einer willkürlich konstruierten “Rasse” ist beispielsweise bezüglich indisch oder pakistanisch aussehender Menschen so einfach gar nicht möglich (sie werden weder als Schwarze noch als Weiße wahrgenommen und kommen natürlich auch nicht alle aus demselben Land), deswegen wird jede dieser Personen ganz selbstverständlich beschrieben: nach Herkunft (“Pakistan”) oder persönlicher Geschichte (“Engländer und Enkel indischer Einwanderer”). Niemand hat sich in diesen Fällen bisher darüber beschwert, dass es zu kompliziert sei, Menschen als Menschen beschreiben zu müssen.

Lästig ist auch, dass bei Schwarzen Deutschen, ungeachtet dessen ob es sich um ein derart persönliches Portrait handelt oder nicht, in medialer Berichterstattung stets die “Elternfrage” eine Rolle spielen soll, ganz so, als gelte es zuerst herauszufinden, “woher denn der Schwarze Anteil komme”. Die Schwarze Präsenz im (der Einbildung nach) weißen Land soll zuerst erklärt (gerechtfertigt) werden. Natürlich stellt diese Tradition ebenfalls eine Zumutung dar, denn dadurch sind Schwarze Menschen um ein vielfaches häufiger neugierigen und unangemessen persönlichen Fragen und Berichterstattungen ausgesetzt. In keinem Zeitungsartikel steht, wenn eine weiße Deutsche mit 4 Promille beim Autofahren erwischt wurde “die hellhäutige Tochter eines Deutschen und einer Europäerin”. Geht es in irgend einer wenn auch noch so nebensächlichen Hinsicht um eine Schwarze Person, können wir allerdings ganz sicher sein, dass auch immer der Teil der Familiengeschichte dazu aufgerollt wird, in dem mehr oder weniger versteckt als einzige Information enthalten ist, “warum” oder “woher” sie Schwarz ist. Tatsächliche familiäre Historie spielt hierbei selten eine Rolle, denn auffallend oft wird beispielsweise nur erwähnt dass etwa “der Vater Afrikaner” ist, was genau gar nichts aussagt ausser dass der Autor nicht weiß wie er elegant getarnt ausdrücken kann, dass (whoa!) der Vater Schwarz und die Mutter weiß war. Weder brauchen wir aber derartige Informationen zum Verständnis von Unfallhergängen noch gehen sie in der Regel ausserhalb eines Personenportraits, in dem die wirkliche persönliche Historie erzählt wird, jemanden etwas an. Mehr Anstrengung zur Gleichberechtigung wäre auch hier wünschenswert. Die Presserichtlinien, die derartige einseitige Erwähnung von Herkunft, Nationalität oder konstruierter angeblicher „ethnischer Zugehörigkeit“ missbilligen, stehen allen Journalist*nnen leicht zugänglich online, sind Bestandteil Teil jeder journalistischen Ausbildung und werden trotzdem bezüglich Schwarzer Menschen und PoC öfter ignoriert als befolgt.

Geschrieben hat den Aufsatz Noah Sow.

Vgl. Sow, Noah; Der braune Mob e.V. – FAQ: Wie stellen die Medien Schwarze denn falsch da?

Online: http://www.derbraunemob.info/faq/#f06

Über den Autor

JanniUmlauf administrator

Trainings für politische Bildung, Moderation und kreativen Aktivismus. Schreib mir gern eine Mail an: info@politische-bildung.com oder hinterlass einen Kommentar. Viel Spaß beim Lesen, herzlichen Dank und schön, dass Du hier bist!

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